35 neugierige Besucherinnen und Besucher des Bonner Medienclubs machten sich gemeinsam auf den Weg ins Arp Museum – und erlebten dort einen Abend, der so viel mehr war als nur eine klassische Führung. Museumsleiterin Dr. Julia Wallner und ihre Mitarbeiterin Annette Krapp nahmen alle mit durch die historischen Räume des Bahnhofs und hinein in die leuchtende Welt der abstrakten Kunst. „Ein Bahnhof ist ein Ort des Wegfahrens und Ankommens, ein Ort, an dem man sich trifft“, erklärte Wallner gleich zu Beginn und schlug damit eine Brücke von der Architektur zum offenen Geist des Hauses.
Die Ausstellung „Netzwerk Paris. Abstraction-Création 1931–1937“ brachte die Gruppe mitten hinein in das brodelnde Paris der 1930er Jahre. Dort, wo Künstler wie Piet Mondrian, Hans Arp oder Sophie Taeuber-Arp in klaren Linien und mutigen Farben gegen den erstarkenden Faschismus aufbegehrten, zeigte sich die Vielfalt der Moderne. „Es war schwer, einen Markt zu finden, es war schwer überhaupt zu verkaufen“, betonte Annette Krapp – und genau deshalb schlossen sich über 90 Künstlerinnen und Künstler aus 20 Ländern in dieser Bewegung zusammen. Vor den Bildern und Skulpturen, von Mondrians strengem Blau-Gelb bis zu organisch geschwungenen Linien, konnten alle erahnen, wie radikal diese Ideen damals wirkten.
Besonders eindrucksvoll war, wie die Ausstellung den historischen Bogen bis in unsere Gegenwart spannte. Zwischen den Klassikern fanden wir auch Arbeiten von Künstlerinnen und Künstlern wie Daniel Buren oder Timo Nasseri, die die Prinzipien der Abstraktion heute weiterdenken. Eine Installation aus geometrischen Formen im Außenbereich leuchtete wie eine moderne Hommage an die mathematische Strenge von damals – und doch mit ganz eigener Sprache. „Die Vielfalt der Künstlerinnen und Künstler, die hier zusammenfanden, ist erstaunlich“, hob Krapp hervor. „Und auffallend viele Frauen spielten dabei eine prägende Rolle“.

Die witzigen Wandmalereien des britischen Künstlers Stephen McKenna begegnen den Besucherinnen und Besuchern der Toiletten. Foto: Richard Bongartz
Und dann kam die wohl größte Überraschung des Abends: In den ehemaligen Bahnhofstoiletten entdeckten wir Wandmalereien des britischen Künstlers Stephen McKenna – ein Stück Kunstgeschichte mit augenzwinkernd erotischer Note. Zwischen zarten Figuren, kunstvollen Zitaten und einem Porträt der legendären „Rosalka“ zeigte sich, dass selbst das stille Örtchen im Arp Museum voller Geschichten steckt.
Zum Ausklang standen wir wieder im alten Bahnhof, wo Wallner das Museum als „Ort gegen Einsamkeit“ beschrieb. Mit einem Glas Wein in der Hand spürten die Mitglieder, dass Kunst in diesem Museum nicht nur betrachtet wird, sondern Menschen verbindet. Ein spannender, anregender Abend mit Nachhall.
Richard Bongartz



