Die Bonner Umweltorganisation „Germanwatch“ wird in diesem Jahr mit dem Bröckemännche-Preis des Bonner Medien-Clubs (BMC) ausgezeichnet. Das hat der BMC, die Vereinigung von rund 250 Medienschaffenden und Kommunikationsverantwortlichen aus Bonn und der Region, bekanntgegeben. Die Preisverleihung soll im Rahmen des Sommerempfangs des BMC am 12. Juni 2023 stattfinden. Die Laudatio auf Germanwatch wird Bonns Oberbürgermeisterin Katja Dörner halten.
Germanwatch ist eine unabhängige Umwelt-, Entwicklungs- und Menschenrechtsorganisation mit Sitz in Bonn und Berlin, die sich seit mehr als 30 Jahren für eine zukunftsfähige globale Entwicklung einsetzt.
„Die Themen von Germanwatch sind heute hochaktuell“, sagt BMC-Vorsitzender Prof. Dr. Andreas Archut. „Dabei übersieht man leicht, dass die Organisation sich schon seit Jahrzehnten mit großer Ausdauer und Beharrlichkeit für den Klimaschutz eingesetzt hat – lange bevor das Thema die Mitte der Gesellschaft erreicht hat.“ In der ‚Fachcommunity‘ habe Germanwatch sich mit seiner Arbeit einen Namen gemacht. So mancher klima- und entwicklungspolitische Meilenstein wäre ohne Germanwatch später oder vielleicht auch gar nicht erreicht worden. In der breiten Öffentlichkeit genieße die Organisation aber noch nicht die Sichtbarkeit, die sie verdiene. „Mit dem Bröckemännche-Preis wollen wir das nun ändern“, erklärt Archut mit einem Augenzwinkern.
„Im Kampf für Nachhaltigkeit und gegen die Ungerechtigkeit in der Welt hat Germanwatch Qualitäten bewiesen, die nun zur Auszeichnung mit dem Bröckemännche-Preis geführt haben“, sagt Archut. Seit über drei Jahrzehnten erreiche die NGO mit Beharrlichkeit und Netzwerkbildung ihre Ziele. Sie braucht dafür keine laute Effekthascherei (und auch keinen Klebstoff).
Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch: „Politische Wirksamkeit beim Erreichen unserer Ziele für Klimaschutz und Menschenrechte steht für Germanwatch an erster Stelle. Dafür setzen wir auf Dialog und Kooperation wo möglich und Konfrontation wo nötig. Protest ist vor allem dann politisch wirksam, wenn er zeigt, wie sich mit der Umsetzung der Forderungen
Wahlen gewinnen und neue Geschäftsmodelle aufbauen lassen. Dazu muss er gesellschaftliche Bündnisse aufbauen, einerseits mit Gewerkschaften, Religionsgemeinschaften und Sozialverbänden, andererseits mit progressiven Unternehmen und Finanzmarktakteuren. Aber der Protest muss auch Zähne haben, ohne Druck von der Straße oder im Gerichtssaal passiert nicht viel.“
Konkrete Beispiele für die politische Wirksamkeit der Expertinnen und Experten von Germanwatch sind die jüngsten Erfolge beim Europäischen Emissionshandel und der EU-Verordnung für entwaldungsfreie Produkte. So ist die tiefgreifende Reform und Ausweitung des Europäischen Emissionshandels ein Riesenerfolg für den Klimaschutz in der EU und auch für Germanwatch. Denn durch glaubwürdige Advocacy-Arbeit, fachkundige Hintergrundgespräche und engagierte Öffentlichkeitsarbeit hat Germanwatch einen Beitrag dazu geleistet, dass eine solch ambitionierte Reform möglich wurde.
Bereits seit 2020 setzt sich Germanwatch für eine ambitionierte Verordnung für entwaldungsfreie Lieferketten der EU ein. Im Dezember 2022 erfolgte nun die politische Einigung über eine EU-Verordnung über entwaldungsfreie Produkte. Unternehmen müssen in Zukunft nachweisen, dass bestimmte Produkte nicht auf Flächen produziert wurden, die nach Dezember 2020 gerodet wurden. Germanwatch untersuchte zudem die EU-Gesetzgebung auf geeignete Verpflichtungen für den Finanzsektor und setzt sich seitdem dafür ein, dass auch Finanzakteure ihre
Investitionen auf Entwaldungsrisiken prüfen und diese minimieren. Die EU-Kommission hat sich nun verpflichtet, in den nächsten zwei Jahren zu prüfen, ob EU-Rechtsvorschriften ausreichen, um die Finanzierung von Entwaldung durch Europas Banken, Versicherungen und Pensionsfonds zu verhindern.
Wer den Bröckemännche-Preis erhält, entscheidet jedes Jahr der Vorstand des BMC. Alle Mitglieder und auch alle bisherigen Preisträger können Vorschläge einreichen.
Über Germanwatch
Germanwatch ist eine unabhängige Umwelt-, Entwicklungs- und Menschenrechtsorganisation, die sich für eine zukunftsfähige globale Entwicklung einsetzt, die sozial gerecht, ökologisch verträglich und ökonomisch tragfähig ist. Mit über 650 erfolgreich abgeschlossenen Projekten hat sich Germanwatch seit 1991 als wirkungsvoller Akteur der Zivilgesellschaft etabliert.
Germanwatch arbeitet schwerpunktmäßig zu den Themenbereichen:
- Klimaschutz, Klimaanpassung, Schäden und Verluste
- Unternehmensverantwortung
- Welternährung, Landwirtschaft und Handel
- Nachhaltige und demokratiefähige Digitalisierung
- Bildung für nachhaltige Entwicklung
- Sustainable Finance
- Klima- und Menschenrechtsklagen
An den Standorten Bonn und Berlin arbeiten mehr als 100 haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiter:innen sowie Praktikant:innen und junge Menschen, die ein Freiwilliges Soziales Jahr bei Germanwatch machen. Hinzu kommt ein wachsendes Netzwerk, das aus Engagierten, Honorarkräften und internationalen Organisationen besteht.
Mehr Informationen: www.germanwatch.org
Über das Bröckemännche
Namensgeber des Bröckemännche-Preises ist eine Sandsteinfigur an der Bonner Kennedybrücke, deren Miniaturausgabe jährlich als Preis verliehen wird. Das Bröckemännche hing ursprünglich am Beueler Brückenkopf der ersten Bonner Rheinbrücke und streckte sein Hinterteil gen Beuel. Hintergrund war der Ausstieg des damals noch unabhängigen Beuel aus der Finanzierung der Brücke. Die Bonner setzten diesem „Verrat“ mit dem Bröckemännche ein Denkmal. Die Brücke wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört, das Bröckemännche jedoch gerettet. In den 50-er Jahren wurde es auf die linke Rheinseite verlegt und neu ausgerichtet – als „Gruß“ an das mit Bonn um den Regierungssitz konkurrierende Frankfurt am Main.
Der Bröckemännche-Preis des Bonner Medien-Clubs richtet sich an Menschen und Gruppierungen, die im Sinne der Symbolik des Sandstein-Männchens wirken: mutig, kritisch, ironisch, direkt und eben nicht so, wie jeder andere auch. Zu den Preisträgern der 1999 erstmals vergebenen Auszeichnung gehörten der Unternehmer Dr. Hans Riegel (Haribo), der Bönnsche Karneval und die frühere Beethovenfest-Intendantin Prof. Dr. Nike Wagner. Im vergangenen Jahr wurde Cornelia Weigand, die Landrätin des Kreises Ahrweiler, mit dem Bröckemännche geehrt.